Verlassene Orte gibt es überall. Einige von ihnen sind private Liegenschaften, andere hingegen öffentliche Einrichtungen oder vor langer Zeit geschlossene Fabrikareale welche immer noch in ursprünglichem Zustand auf ihren Standorten verweilen oder zumindest das, was noch von ihnen übrig ist, denn ursprünglicher Zustand ist dann doch etwas weit hergeholt. Vielmehr kann man sagen, dass man diese in etwa so vorfindet, wie sie von Menschen einst zurückgelassen wurden unter wesentlicher Beeinträchtigung der Natur, welche sich ihren Raum nach und nach zurückerobert und im laufe der Jahrzehnte bereits beste Arbeit darin geleistet hat. Bereits vor etwas mehr als drei Jahren hat sich Archäologe und Historiker Marcello La Speranza vor allem der österreichischen Bundeshauptstadt und der naheliegenden Gegend gewidmet uns sich gezielt auf die Suche nach langfristig leerstehenden Gebäuden, Regionen und bauten gemacht und dabei so allerhand außergewöhnliche Entdeckungen gemacht, die einen darüber erstaunen lassen, dass diese noch nicht längst der Abrissbirne oder einer Gruppe von Baggern zum Opfer gefallen sind. Die Aufnahmen hierzu hat er über die Sutton Verlag GmbH anschließend in gebundener Buchform der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Zu den Schauplätzen darin zählen mitunter öffentliche Bäder, Bahnhofsareale die einst tatsächlich im Betrieb gewesen sind, geschlossene Fabriken und Produktionshallen sowie Villen für die sich kein Erbe oder nachfolgender Besitzer gefunden hat und heute eher in desolatem Zustand sind. Diese sind seit ihrem Verlassen nahezu unberührt, sodass sich größtenteils auch die originalen Inventar-Gegenstände noch darin befinden – es sei denn, dass sie Vandalen zum Opfer gefallen sind. All dies hat man mit viel Liebe zum Detail anhand von Fotoaufnahmen festgehalten. Aufnahmen welche man nicht alle Tage zu Gesicht bekommt und sich wünscht diese Orte auch einmal in Realität erkunden zu können. Viele davon sind für den einfachen Bürger jedoch nicht zugänglich und das aus gutem Grund, denn dort lauern aufgrund des Verfalls so allerhand gefahren, sodass man bei Betreten doch sehr achtsam sein muss. Marcello La Speranza ist im Umgang mit historischen Bauten und Fundgegenständen aufgrund seines ausübenden Berufs selbstverständlich geübt darin und hat hierfür bereits das nötige Gespür um zu wissen wie weit er bei seinen Erkundungstouren gehen kann ohne sich dabei selbst Gefahr auszusetzen. Die Plätze die man in diesem Buch zu sehen bekommt haben meist einen oder gar beide der Weltkriege überstanden, fanden jedoch irgendwann keine Verwendung mehr. Die meisten davon finden keinen Nachbesitzer das ein Abriss, Neubau oder eine Instandsetzung mit viel erforderlichem Kapital verbunden ist, das außer dem Bund kaum einer zur Verfügung hat. Ebenso Einfluss nimmt auch der Denkmalschutz, der bei so manchem historischen (Bau-)Werk zum Einsatz kommt. Optisch bieten sich einem hier etwas mehr als einhundertzwanzig Aufnahmen, die schöne Aufnahmen mit sich bringt und einige Orte offenlegt von welchen so mancher bisher weder etwas gehört noch gesehen hat. Die Lost-Places Fotografie in diesem Buch wird zwar speziell auf Wien angekündigt, jedoch ist hierin auch so einiges von den angrenzenden Gemeinden der Bundeshauptstadt vertreten. Marcello La Speranza gibt hier Einblicke in jene Orte, an welchen einst das blühende Leben stattgefunden hatte und zahlreiche Menschen ihren Lebensmittelpunkt verbrachten. Diese optische Dokumentation auf einhundertachtundsechzig Seiten hat uns sehr gut gefallen und macht auch einen erstaunlichen Eindruck auf den Laien. All jene die sich mit der Geschichte um Wien und dessen Umland auseinandersetzen möchten sollten auch dieses Buch nicht außer Acht lassen, in welchem sich einem zumindest sehr eindrucksvolle Orte und Aufnahmen davon bieten. Farblich wurden die Aufnahmen sehr gut aufbereitet, qualitativ hätte man hier jedoch noch einiges mehr herausholen können. Nichts desto trotz haben wir hier als regelmäßige Wien-Reisende doch sehr schöne Seiten zu sehen bekommen, welche wir nicht nur den Einheimischen, sondern all jene die auf Fotografien verkommener Orte stehen auf jeden Fall empfehlen können. Von uns aus gibt es für den Inhalt sowie die Verarbeitung dieses Bildbands insgesamt siebeneinhalb unserer möglichen zehn Bewertungspunkte, sodass wir euch Verlassene Orte in Wien von Marcello La Speranza durchaus empfehlen können.
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